Zukunftsplan Wasser – Auftakt in Ingelheim

Mit 180 Teilnehmenden ist in Ingelheim der Beteiligungsprozess "Zukunftsplan Wasser Rheinland-Pfalz" gestartet. Dr. Thomas Bettmann und Dr. Jochen Fischer vom LfU machten in eindringlichen Worten deutlich, welche Folgen der Klimawandel schon auf den Wasserhaushalt und die im Wasser lebenden Organismen hat - und welche Entwicklungen zu befürchten sind. 

Eine "Allianz für das Wasser" forderte Klimaschutzministerin Katrin Eder zu Beginn der ganztägigen Veranstaltung in der Kongress- und Kulturhalle. Denn im "Zukunftsplan Wasser", dessen Erstellung bereits im Koalitionsvertrag der rheinland-pfälzischen Landesregierung vereinbart wurde, dürfe am Ende nicht der "kleinste gemeinsame Nenner" der Beteiligten stehen. Eder verdeutlichte, dass die Durchschnittstemperatur in Rheinland-Pfalz bereits um 1,7 °C über der vorindustriellen Zeit liegt und dass die Folgekosten des Klimawandels auf ca. 900 Milliarden Euro geschätzt werden.

Der "Zukunftsplan Wasser" soll breit mit allen gesellschaftlichen Gruppen diskutiert werden. Dass hier gegenläufige Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen, zeigte bereits eine Podiumsdiskussion mit Staatssekretär Dr. Erwin Manz, der BUND-Landesvorsitzenden Sabine Yacoub, Landkreistag-Direktor Andreas Göbel, Eberhard Hartelt (Präsident Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd) und Horst Meierhofer, dem Geschäftsführer des Landesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz: Auf der einen Seite prognostizierte Hartelt, dass der Klimawandel eine verstärkte Beregnung der Anbauflächen notwendig machen werde, auf der anderen Seite bilanzierte Yacoub, dass bereits jetzt teilweise zu viel Grundwasser für die Landwirtschaft entnommen werde. Staatssekretär Manz schilderte seinen Eindruck, dass die Dramatik der Situation noch nicht überall erkannt worden sei und forderte einen "zusätzlichen Ruck". Nach Einschätzung von Landkreistag-Direktor Göbel indes haben Bürger, Unternehmen und Landwirtschaft durchaus den Handlungsbedarf erkannt, auch die grundsätzliche Bereitschaft sei vorhanden.

Vor der Diskussion hatten die beiden LfU-Abteilungsleiter Dr. Bettmann (Hydrologie) und Dr. Fischer (Gewässerschutz) Zahlen und Prognosen zum Klimawandel und seinen Folgen präsentiert und gemeinsam postuliert, künftiges Handeln dürfe nicht auf Erfahrungen aus der Vergangenheit fußen, sondern müsse sich aus den Prognosen für die Zukunft ableiten. Und die sind, wie es Andreas Christ (Abteilungsleiter Wasserwirtschaft im Ministerium) formulierte, schlicht "erschreckend". 

Dr. Bettmann verdeutlichte, dass die Folgen des Klimawandels in Rheinland-Pfalz regional sehr unterschiedlich ausfallen. Wenn also die Grundwasserneubildung im Landesdurchschnitt in den letzten 10 Jahren um 25 Prozent zurückgefallen ist, bedeutet das für besonders betroffene Regionen wie das Mainzer Becken und den Oberrheingraben Rückgänge um 40 bzw. 41 %. In den weiteren Regionen ist mit Abnahmen der Grundwasserneubildung zwischen -20 bis -30 % zu rechnen. Wenn die Zahl so genannter 100-jährlicher Hochwasser (HQ100) landesweit in der nahen Zukunft um +20 % bis +30 % steigen wird, ist in der mittleren Zukunft im Pfälzerwald ein Zuwachs von 44 % zu verzeichnen.

In der fernen Zukunft ist sowohl im Rheinischen Schiefergebirge und im Naheeinzugsgebiet mit einem Zuwachs von +50 % bei HQ100 zu rechnen. Die Wahrscheinlichkeit von Niedrigwasser (-50 bis -60 %) steigt insbesondere im Einzugsgebiet der Nahe (Nordpfälzer Bergland). Im Pfälzer Wald werden die geringsten Abnahmen mit -15 % gerechnet. In den sonstigen Landesteilen ist mit einer Abnahme  -30 bis -40 % zu rechnen.

Dr. Fischer wiederum machte deutlich, dass das mit Hitze- und Dürreperioden verbundene Niedrigwasser insbesondere für wechselwarme Organismen eine große Belastung darstellt, da beispielsweise Fisch ihre Körpertemperatur nicht regulieren können und jeweils auf bestimmte, enge Temperaturfenster angewiesen sind. Zunehmende Wärme bedeute für die Fische lebensbedrohlichen Stress, zumal mit höheren Temperaturen auch der Sauerstoffgehalt des Wassers sinke.

Projektionen in die Zukunft zeigten, dass in der oberen Forellenregion vieler Mittelgebirgsbäche die Wassertemperaturen sowohl im Sommer als auch im Winter vielfach oberhalb der zuträglichen Temperaturschwellenwerte (> 20 bzw. > 8 °C) liegen werden. Dies stehe der Entwicklung gesunder Bachforellenpopulationen im Wege. In den stark von Grundwasserzufluss geprägten Gewässern des Pfälzerwaldes blieben die Bäche dagegen auch im Sommer sehr kühl. Im Winter könnte es dagegen auch hier für die Fortpflanzung der Forelle schon zu warm werden, da die höheren Durchschnittstemperaturen der Luft (heute 9,8 °C) langfristig auch das Grundwasser erwärmen werden. Seine Prognose: Die Lebensgemeinschaften werden sich verändern. Auch die weitere Ausbreitung wärmeliebende gebietsfremde Arten wird dazu beitragen.

Blick in den Saal
Einen Tag lang ging es um die Zukunft der Wasserversorgung.
Blick aufs Podium
E. Hartelt (Bauern- und Winzerverband RP Süd) vertrat die Position der Landwirtschaft.
Redner vor seiner Präsentation
LfU-Abteilungsleiter Dr. Bettmann verdeutlichte die Dramatik der Entwicklungen.
Blick aufs Podium
Staatssekretär Dr. Manz erläuterte die Haltung der Landesregierung.