12. Mainzer Arbeitstage: "Mikroplastik in der Umwelt"

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Kurfürstliches Schloss

Erste Ergebnisse zu Belastungen im Rhein

Am 15. September 2014 fanden im Kurfürstlichen Schloss Mainz die 12. Mainzer Arbeitstages des Landesamtes statt. Diese standen unter dem Thema "Mikroplastik in der Umwelt". Im Vorfeld der Veranstaltung wurde seitens des Landesamtes ein entsprechender Bericht über Mikrokunststoffe erstellt.

Während am Vormittag der Veranstaltung das Thema Mikroplastik aus Sicht der großen Interessensgruppen Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Umweltschutzverbände betrachtet wurde, standen am Nachmittag wissenschaftliche Fakten im Fokus. So wurden Untersuchungsmethoden detailliert dargestellt und erste Ergebnisse präsentiert. Daneben äußerten die Wissenschaftler übereinstimmend den Wunsch, eine bessere Erforschung der noch relativ unbekannten Auswirkungen des Stoffes auf die Tier- und Pflanzenwelt voranzutreiben.

Der Präsident des Landesamtes Dr. Stefan Hill eröffnete am 15. September 2014 die Fachtagung gemeinsam mit der rheinlandpfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken. Er freute sich mehr als 200 Teilnehmer begrüßen zu dürfen. Mit dem Thema „Mikroplastik“ habe man für die 12. Mainzer Arbeitstage ein Thema aufgegriffen, das mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerate und auch international von großem Interesse sei. So war es nicht verwunderlich, dass die Besucher auch aus der Schweiz, Österreich, Belgien, Frankreich und den Niederlanden angereist waren.

"Mikroplastik in der Kosmetik ist vielleicht nicht der größte Verursacher von Plastikmüll im Meer, aber auf ihn kann die Industrie am leichtesten verzichten." äußerte Sabine Yacoub, die Vorsitzende des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des BUND bei der Podiumsdiskussion der 12. Mainzer Arbeitstage des Landesamtes im Mainzer Kurfürstlichen Schloss. Waltraud Fesser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz stimmt ihr in dieser Frage zu und fordert ein gesetzliches Verbot für Mikroplastik in der Kosmetikindustrie.

Dr. Ingo Sartorius, Vertreter von PlasticsEurope, dem Verband der kunststofferzeugenden Industrie, sprach sich mit seiner Äußerung "Wir sollten dort beginnen zu handeln, wo wir mit möglichst geringem Aufwand den größten Nutzen erzielen", zumindest nicht gegen den Vorschlag aus. Er plädierte jedoch eindringlich dafür, zunächst mehr Fakten zu sammeln. Diese Auffassung vertritt auch Dr. Claus-Gerhard Bannick vom Umweltbundesamt, der sich "eine stärkere Einbindung von Länderarbeitsgemeinschaften mit Vertretern aus der Wasserwirtschaft, dem Bodenschutz sowie der Abfallwirtschaft " wünscht.

Für Staatsministerin Ulrike Höfken stellt sich nicht nur die Frage der Reduzierung der Neueinleitungen: "Wir sollten uns auch überlegen, wie wir den bereits eingeleiteten Müll wieder aus den Gewässern herausbekommen." Aus Sicht aller Beteiligten der Podiumsdiskussion, die von SWR-Redakteur Axel Weiß moderiert wurde, können die Mainzer Arbeitstage "Mikroplastik in der Umwelt" einen wertvollen Beitrag zum Wissenstransfer sowie zur Entwicklung gemeinsamer Strategien leisten.

Der Schweizer Student Thomas Mani präsentierte erste Untersuchungsergebnisse für den Rhein. Der junge Schweizer, der zurzeit seine Masterarbeit verfasst, beprobte an 14 Stellen den Fluss. Um möglichst genaue Messresultate zu erlangen, entnahm er an jedem Messpunkt mindestens drei Wasserproben. Jeweils eine Probe für Mainz, Bad Honnef und Seltz hat der Student bereits ausgewertet. Die Ergebnisse sind gleichwertig. An allen drei Orten lag die Anzahl der wahrscheinlichen Mikroplastikartikel zwischen 300 und 500 pro 1000 Kubikmeter Wasser. Aus seinen Ergebnissen würde sich somit eine Menge von 1,7 Kilogramm Mikroplastik, die jeden Tag in Mainz den Rhein passieren, ableiten. Thomas Mani wies bei seiner Studie ausdrücklich darauf hin, dass seine Resultate auf Grund der geringen Probenzahl sowie der fehlenden Messtechnik nicht als repräsentativ und vorläufig angesehen werden können. Gleichzeitig bat er die im Saal anwesenden Wissenschaftler um Unterstützung bei der exakten Analyse der Proben.

Möglichst genaue Analysemethoden waren der Themenschwerpunkt von Dr. Martin Löder vom Alfred-WegenerInstitut. In seinem Fachvortrag ging er auf die technischen Möglichkeiten der FTIR Spektroskopie ein. Dabei wurden folgende Fakten deutlich:

  1. Die Analyse einer Wasserprobe auf Mikroplastik ist sehr zeitaufwendig, da zur Herstellung einer reinen und verwertbaren Probe in mehrtägigen Verfahren eine Zugabe von Enzymen erfolgen muss.
  2. Die vorhandene Messtechnik benötigt acht bis zehn Stunden, um die verdächtigen Partikel mittels eines Infrarotverfahrens zu ermitteln.
  3. Die klare Feststellung, ob es sich bei den verdächtigen Kleinstpartikeln tatsächlich um Mikroplastik handelt, benötigt im Labor wiederum - je nach Menge der gefundenen Partikel - zwei bis fünf Stunden.
  4. Die Kosten betragen nur zur Bestimmung größerer Mikroplastikpartikel mindestens 50.000 Euro pro Messvorrichtung. Mit dieser lassen sich jedoch keinesfalls massenhaft Proben untersuchen, sondern lediglich Einzelproben analysieren.
  5. Durch die unterschiedlichen Parameter der wenigen durchgeführten Studien zum Thema "Mikroplastik" lassen sich keine Vergleiche zwischen den Untersuchungen ziehen.  

Positiv am Spektroskopieverfahren ist aus Sicht des Wissenschaftlers jedoch die exakte Bestimmung der Substanzen: "Jeder Partikel, der in die Kategorie Mikroplastik fällt, zeigt eine bestimmte Charakteristik." Somit hinterlässt er also einen eindeutigen "Fingerabdruck" im Wasser und kann eindeutig dem jeweiligen „Kunststoff“ zugeordnet werden. Das Fehlen klarer Erkenntnisse ist aus Sicht von Dr. Georg Reifferscheid von der Bundesanstalt für Gewässerkunde das größte Problem in der Forschung: "Wir wissen nicht, ob und wann Plastik gefährlich ist." Aus seiner Sicht gibt es - außer bei den Weichmachern - keine fundierten Kenntnisse über die Auswirkungen von Mikroplastik auf Natur und Lebewesen. Diese Auffassung wurde auch von allen übrigen Experten geteilt. Gerade deshalb sind aus ihrer Sicht solche Fachtagungen von großer Bedeutung. Hier können Vertreter unterschiedlicher Fachrichtungen ihre Erkenntnisse austauschen, Fakten an Interessierte weitergeben und Impulse für künftige Projekte setzen. Einen guten Überblick über die momentanen Erkenntnisse zum komplexen Themenblock bietet auch der Bericht "Mikrokunststoffe" des Landesamtes sowie die Kurzdarstellungen der Fachbeiträge, die für alle Interessierten weitgehend im Downloadbereich unserer Fachbehörde zusammengestellt wurden. 

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Vorträge und Kurzdossiers zum Download

Plaste und Elaste in der Umwelt
Dr. Claus-Gerhard Bannick, Umweltbundesamt

Marine Litter: Vermeidungskonzept der Kunststofferzeuger
Dr. Ingo Sartorius, PlasticsEurope

Mikroplastik und seine PlastisphäreKurzfassung
Dr. Matthias Labrenz, Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Mikroplastik in Bundeswasserstraßen; Kurzfassung
Dr. Georg Reifferscheid; Bundesanstalt für Gewässerkunde

Mikroplastik in Binnengewässern
Prof. Christian Laforsch

Erste Untersuchungsergebnisse aus dem rheinland-pfälzischen Rheinabschnitt
Thomas Mani

Mikroplastik in der aquatischen Umwelt – Rolle der Kläranlagen; Kurzfassung
Dr. Norbert Kreuzinger, Technische Universität Wien

Neue Herausforderungen im Gewässerschutz; Kurzfassung
Ben van de Wetering