Sommerliche Hitzewelle

Welches Risiko besteht für Fische und Wirbellose bei dauerhaft hohen Wassertemperaturen von >25° C in unseren großen Flüssen?

Was passiert vor dem Hintergrund einer sommerlichen Hitzewelle mit sinkenden Abflüssen und steigenden Wassertemperaturen im Gewässer und wie reagiert die Gewässer-Lebensgemeinschaft darauf? Insbesondere die großen, breiten Fließgewässer sind mangels Beschattung ihrer Wasserflächen und langer Fließzeiten einer höheren Erwärmung ausgesetzt als die meisten kleineren Bäche und Flüsse im Land. Sowohl die typischen Flussfische als auch die Wirbellosen-Lebensgemeinschaft großer Ströme sind grundsätzlich von Natur aus auf solche Bedingungen – hohe sommerliche Wassertemperaturen – eingestellt. Dennoch kann es bei extremen Hitzeperioden kritisch werden.

Sinkt der Abfluss, verringert sich der benetzte Gewässerquerschnitt, d. h. der Lebensraum und die Ausweichmöglichkeiten der Organismen werden eingeschränkt. Beschattete Uferpartien fallen trocken, die Längsdurchgängigkeit ist durch die niedrigen Wasserstände eingeschränkt.

Gleichzeitig nimmt die Sauerstoffzehrung im Gewässer zu. Für die wechselwarmen Gewässerorganismen beginnt nun ein „Teufelskreislauf“: Sie haben einen gesteigerten Energie- bzw. Sauerstoffbedarf bei gleichzeitig sinkendem Sauerstoff-Angebot im Wasser und sich verschärfenden Lebensbedingungen. Bei hohen Temperaturen arbeitet der Stoffwechsel so schnell, dass die Tiere nicht mehr genügend Nahrung finden und beginnen ihre Fettreserven aufzuzehren, um den Körper mit Energie zu versorgen. Hält diese Situation länger an, geraten die Fische in Dauerstress, weniger robuste Arten oder Individuen können sterben. Auch steigt die Anfälligkeit für Krankheiten wie der „Proliferativen Nierenkrankheit“, einer Parasitose bei Salmoniden oder der „Aalrotseuche“, eine Infektionskrankheit, die im Hitzesommer 2003 regional ausbrach. – Aktuell im August 2018 (9.8.18) sind im rheinland-pfälzischen Rhein und auch der Mosel keine Fischsterben zu verzeichnen.

Für die Wirbellosen gilt diese wärmebedingte Stresszunahme in ähnlicher Weise; zumindest bei Muscheln ist es beobachtet worden. So gab es bei der letzten, langandauernden Hitzeperiode im Sommer 2003 ein größeres Muschelsterben der Körbchenmuschel (Corbicula), die damals recht große Bestände im Rhein hatte. Heute ist sie auch noch überall in Rhein und Mosel vorhanden, aber in geringerer Dichte. Die Muscheln steigern mit der Wassertemperatur ihre Stoffwechselaktivität, benötigen also mehr Nahrung. Als Filtrierer leben sie von kleinen, organischen Partikeln, die die Strömung ihnen zutreibt: Algen (Phytoplankton) und anderes, abgestorbenes organisches Material. Bei niedrigen Wasserständen im Hochsommer besteht im Rhein oft eine relativ planktonarme Phase. Das bedeutet, akuter Nahrungsmangel bei auf Hochtouren laufendem Stoffwechsel. Dauern diese Umstände lange an, verhungern die Muscheln oder gehen an Erschöpfung ein, Krankheiten können ein Übriges beisteuern.

Ein solches Massensterben der Muschelgattung Corbicula ist im Sommer 2018 bisher in keinem der großen Flüsse in Rheinland-Pfalz beobachtet worden. Anfang August zeigten sich im Oberrhein jedoch für eine andere Muschelart, Dreissena rostriformis bugensis (Dreikant-Quaggamuschel), dass Teile ihrer Population im Mittleren Oberrhein in der diesjährigen Phase besonders hoher Wassertemperaturen abgestorben sind. Die übrige Wirbellosen-Rheinfauna ist Anfang August hingegen ohne jedes Anzeichen einer Schädigung vorgefunden worden. Es kommen alle zu dieser Jahreszeit zu erwartenden Arten und Tiergruppen vor. Dazu zählen Muscheln, Schnecken, Krebstiere, Süßwasserschwämme, Moostierchen und auch Wasserinsekten. Zu letzteren gehört die „Augustfliege“ (Ephoron virgo), eine größere, weißlich-gelbe Eintagsfliege. Diese charakteristische Bewohnerin des Rheins ist in der späten Dämmerung warmer Augustnächte (so auch aktuell) unter Straßenlaternen am Rheinufer in z. T. großen Schwärmen zu beobachten.

Das Landesamt für Umwelt wird die Entwicklung und den Zustand der Rheinfauna während der Hitzeperiode weiter überwachen.